Der Preiskampf auf dem chinesischen E-Auto-Markt erreicht eine neue Eskalationsstufe und wird nun auch öffentlich mit harten Bandagen geführt. Nachdem Marktführer BYD mit aggressiven Kaufanreizen die Preise drückte, schlug der CEO von Great Wall Motors scharf zurück und warnte vor „ungesunden“ Entwicklungen. Nun kontert BYD.
Am vergangenen Montag sackten die Aktienkurse chinesischer Autohersteller spürbar ab. Der Grund: Branchenprimus BYD hatte neue Kaufanreize verkündet, die den Wettbewerb um Billigpreise weiter anheizten. So sank der Einstiegspreis des günstigsten BYD-Modells Seagull auf umgerechnet kaum mehr als 6.800 Euro, sofern Kunden ihr Altfahrzeug in Zahlung geben.
Diese aggressive Preispolitik rief Wei Jianjun, den CEO des Konkurrenten Great Wall Motors, auf den Plan. Er bezeichnete den aktuellen Zustand der chinesischen Automobilindustrie als „ungesund“ und zog einen beunruhigenden Vergleich zum schuldenbeladenen Immobilienriesen Evergrande, der eine massive Liquiditätskrise im chinesischen Immobiliensektor ausgelöst hatte.
Das „Evergrande der Automobilindustrie“ sei lediglich noch nicht zusammengebrochen, so Wei, ohne dabei konkrete Namen zu nennen. Eine Spitze, die man durchaus in Richtung des rasant wachsenden BYD verstehen konnte.
Unterstützung für diese mahnenden Worte kam unter anderem von Zhu Huarong, dem Vorsitzenden des staatlichen Automobilherstellers Changan. Weis Äußerungen seien eine wichtige Erinnerung an die Industrie, die Risiken stärker in den Blick zu nehmen. Nichtsdestotrotz: Dem Preisdruck von BYD folgend, zogen in dieser Woche bereits einige andere Hersteller mit ähnlichen Subventionen nach.
BYD kontert: „Alarmistisch!“
Die scharfe Kritik von GWM wollte BYD so nicht stehen lassen. Am Freitag meldete sich Li Yunfei, General Manager of Branding and Public Relations bei BYD, über das chinesische Portal Weibo zu Wort und bezeichnete die Kommentare des GWM-Chefs als „alarmistisch“. Eine Krise wie bei Evergrande gebe es unter den führenden Automobilherstellern nicht, so Li. Er zeigte sich zudem „verwirrt“ über Online-Spekulationen, Wei könnte sich auf BYD bezogen haben.
Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden Schwergewichte öffentlich aneinandergeraten. Bereits 2023 hatte GWM bei den chinesischen Aufsichtsbehörden einen Bericht gegen BYD eingereicht. Der Vorwurf damals: Die beiden meistverkauften Hybridmodelle von BYD würden die Emissionsstandards nicht erfüllen.
Der offene Schlagabtausch zwischen BYD und Great Wall Motors zeigt eindrücklich, wie angespannt die Lage im chinesischen E-Auto-Sektor ist. Der Preiskampf wird mit aller Härte geführt. Die Volatilität dürfte in diesem Marktumfeld hoch bleiben. Die Frage ist, wer diesen zermürbenden Wettbewerb am längsten durchhält und wie sehr die Jagd nach Marktanteilen zulasten der Profitabilität geht. BYD ist als Marktführer aber gut positioniert. Investierte Anleger bleiben an Bord.